Das erste Osterlied Auf auf mein Herz mit Freunden habe ich sehr ausführlich besprochen,
weil es ja auch im Gesandbuch steht und weil es sehr ergiebig ist in allen sprachlichen
Details und mit dieser wunderbaren musikalischen Fassung.
Ich möchte noch zwei Osterlieder von Paul Gerhard, die weiteren zwei, mehr gibt
es nicht, vorstellen. Das geht allerdings kürzer. Die sind beide nicht mehr in
Gebrauch, aber sie sind beide auf ihre Weise charakteristisch, so dass es sich
wirklich lohnt, es genauer anzusehen. Ich habe die Texte ja zur Verfügung
gestellt. Das erste ist, sei fröhlich alles weit und breit, wo Osterlieder oben
drüber steht und in dieser altdeutschen Druckschrift, ich habe das bewusst gewählt,
als Ausgabe kopiert. Das ist ein nettes, wirkungsgeschichtlich sehr bedeutsames
Buch in diesem Handformat. Das war die erste Paul-Gerhard-Nied-Ausgabe der
Neuzeit, wenn man so sagen will, nämlich 1843 erschienen und wenn Sie bei ZVAB
schauen, ich habe unten ja die Angabe, das gibt es sehr häufig zu kaufen, scheint
also sehr weit verbreitet gewesen zu sein und wurde auch viel aufgelegt. Dieser
Philipp Wackernagel, der Herausgeber ist, war einer der ganz großen
Hymnologen des 19. Jahrhunderts, der die Lieder, erforscht hat, die alten Lieder
in allen Details und eine große Edition gemacht hat. Dieser Philipp Wackernagel
hat auch eine Beziehung zu Erlangen, das wurde mir erst neulich deutlich, als ich
einen Vortrag halten musste, wo er wichtiger war. Er hat hier in Erlangen bei
Karl von Raumer, der hat auch eine Straße, Mineralogie studiert und hier promoviert
und zwar in Mineralogie und er war quasi ein Ziehkind von diesem Karl von Raumer
und verkehrte viel bei Karl von Raumer im Haus und das Haus, in dem dieser Karl von
Raumer in Erlangen wohnte, steht in der Goethe-Straße und da hängt auch eine
Tafel dran, also man kann sich das verifizieren, wo dieser Erlanger Tatort
ein ganz wichtiger Ort der Liedpflege damals sehr außergewöhnlich war, wo sie
die alten Lieder mit Leidenschaft ausgeklagen und wieder gesungen haben.
So, das war Vorspann. Jetzt zu diesem Lied, das für Paul Gerhardt, Verhältnisse mit
sieben Strophen überraschend kurz ist. Hier gibt es keine eigene Melodie, deswegen
genügt es auch, wenn ich den Text abdrucke. Wir haben den Hinweis, weise nun
freut euch lieben Christen gemein. Also Luthers Lied nun freut euch lieben
Christen gemein, da werden Sie, wenn Sie gesangbuchfest sind, gleich dann als
Musik hören nun freut euch lieben Christen gemein.
Das ist aber nicht gemeint, sondern damals, zur Paul Gerhardt Zeit wurde nun
freut euch lieben Christen gemein gesungen, auf die Melodie, die schon Luthers selber
auch dafür vorgesehen hat, im Klugschengesangbuch, die heute im Gesangbuch
bei Nummer 149 steht, ich habe es notiert, nämlich nun freut euch lieben
Christen gemein und lasst uns fröhlich springen.
Also diese Melodie ist der Ausgangspunkt. Sie sehen, dass es Paul Gerhardt mit seiner
Anfangszeite, seines Osterlies, das wichtig ist, den Konnex zu dem, was die
Melodie transportiert, die frohe Botschaft des Evangeliums herzustellen,
denn seine Anfangszeite heißt, sei fröhlich alles weit und breit.
Nun freut euch lieben Christen gemein, sei fröhlich alles weit und breit.
Also fröhlich wieder als entscheidendes Stichwort und zudem noch alles. An
Ostern ist die Freude total für alle Menschen, denn der Ostersieg gilt allen.
Man könnte fast vermuten, aber dem ist wahrscheinlich nicht so, dass Paul Gerhardt
sogar wusste, dass Luther, nämlich sein nun freut euch lieben Christen gemein,
einem Osterlied nachgedichtet hat und dieses Osterlied begann nun freut euch
alle, Frau und Mann, dass Christus ist erstanden.
Freut euch alle, dass Christus ist erstanden. Also jedenfalls dieser Appell
nun freut euch ist etwas genuin österliches und im Bezug auf diese
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:20:42 Min
Aufnahmedatum
2020-04-22
Hochgeladen am
2020-04-30 00:06:29
Sprache
de-DE
Das Phänomen Paul-Gerhardt-Lieder II
Die Lieder von Paul Gerhardt (1607-1676) sind "Evergreens" trotz ihrer veralteten barocken Sprach- und Vorstellungswelt, trotz ihres oft schweren theologischen "Ballasts", trotz ihrer Überlänge. Die Vorlesung nimmt einzelne Lieder in Textgestaltung wie Melodiezuweisung genauer unter die Lupe, vermittelt historischen Hintergrund der Liedentstehung und gibt Einblicke in die Liedrezeption durch die Jahrhunderte in Gesangbüchern wie Kunstmusik.